Vor zehn Jahren, als das Gravel-Biking in Europa gerade aufkam, hielten sich die Fahrer meist an glattere, breitere Offroad-Strecken. Heute jedoch, mit der Einführung besserer Technik, einem Zustrom von Fahrern aus dem Mountainbike-Bereich und der ständigen Suche nach dem „neuesten Besten“, suchen immer mehr Gravel-Fahrer nach mehr Abenteuer abseits der Straße. Timo Rokitta sah darin einen guten Grund für ein bisschen Experimentieren beim Bike-Bau – und das Ergebnis ist ein fantastisch aussehendes Monster-Gravel-Bike. Aber fährt es sich auch so gut, wie es aussieht? Lesen Sie weiter, um es herauszufinden…

Cross Country is the new Gravel, beziehungsweise für Europa: The old and now the new Gravel again, oder die Definition von Gravel, die nie noch eindeutig war und schon immer unterschiedlich interpretiert wurde. Sie rückt allmählich immer weiter in den puren Offroad und Mountainbike-Bereich hinein. Zu Beginn möchte ich darstellen, wie sich meiner Meinung nach die „Gravel-Szene“ und viele interessante Events mehr und mehr in Richtung reines „Off-Road“ entwickeln und die Stärken eines puren Gravelbikes oft gar nicht mehr gefragt sind. Diese Anforderungen werden im Grunde genommen sehr viel besser durch eine bestehende Fahrrad-Kategorie abgedeckt: Dem XC- beziehungsweise dem Marathon-Mountainbike.

Natürlich gibt es einen sehr kleinen Markt der Dropbar-29er. Da wo der Spaß mit dem Gravelbike aufhört, soll der Spaß mit einem Monster Gravelbike beginnen, also wenn es mal etwas mehr als nur „Gucci-Schotter“ sein soll. Ursprünglich war mein gutes altes OPEN Hardtail als Winterbike gedacht. Die Ausgangsbasis war also sehr vielversprechend. Das OPEN Hardtail wog lediglich 9,3 Kilogramm und ausgestattet war es mit einer kompletten Shimano XT Gruppe, die mich immer treu und zuverlässig durch die dunkle und kalte Jahreszeit begleitete. Zusammen mit einer RockShox Federgabel, war es sehr komfortabel und schonte so meine Handgelenke, gerade im groben Gelände.

Aufgrund der Kompatibilität der Shimano-Teile, war der Umbau dann auch relativ einfach. Es mussten nur der Lenker, die Schaltgriffe und das Schaltwerk getauscht werden. Natürlich wurden hier die bewährten Shimano GRX Teile verwenden, über die es keine Worte mehr zu verlieren gibt. Das 32er Kettenblatt vorne ergibt mit der 42er Kassette eine extreme Untersetzung, als wolle man die Eiger-Nordwand damit bezwingen.
Das Monster Gravelbike steht natürlich auf 29-Zoll-Rädern, auf denen wurden die schnellen Continental Race King in der Breite 2,2 Zoll montiert. Um mehr Kontrolle gerade auf den schmalen Trails zu bekommen, wurde ein 46 cm breiter Carbon Lenker montiert, der im unteren Bereich sichtbar nach außen gebogen ist. Das Monster Gravelbike animiert nun dazu, die Schotterwege zu verlassen, um auch mal einen Ausflug auf die Trails zu wagen.

Die Idee war ein reisetaugliches, komfortables Bike, das den Komfort und die Laufruhe eines Gravelbikes mitbringt, mit dem man aber auch größere Bikepacking-Abenteuer in Angriff nehmen kann. Doch wie fährt sich dieses Monster Gravelbike nun? Zunächst ist die Beschleunigung etwas schwerfälliger wie bei raceorientierten Gravelbikes. Das ist auch kein Wunder, denn mit 10 Kilogramm Gesamtgewicht und den großen Laufrädern wäre dies auch nicht möglich. Einmal in Schwung jedoch, rollt es erstaunlich leichtfüßig. Im Kurven ist das Rad stabiler als Gravelbikes mit 650 b Bereifung, es ist kaum aus der Ruhe zu bringen.
Der größte Vorteil des Monster Gravelbikes ist der sänftenartige Komfort. Verantwortlich dafür sind die Gabel und die breiten 55 mm Reifen, die mit knapp 2 bar Luftdruck trotzdem erstaunlich leicht rollen. Das Monster Gravelbike rechtzeitig zum Stillstand zu bringen ist ein Kinderspiel. Die Shimano Bremsen in den Größen 180 mm vorne und 160 mm hinten verzögern dermaßen vehement, dass man meint, es würde jemand einen Anker werfen.

Die oben genannten Eigenschaften wie guter Komfort und komfortable, griffige Reifen – prädestinieren das Monster Gravelbike als perfektes Bikepacking-Rad. Für wen also ist ein Monster Gravelbike das perfekte Bike? Ich würde sagen für alle, die ein besonders robustes, komfortables und geländegängiges Gravelbike suchen und im Gegenzug keinen besonderen Wert auf höchste Effizient im Einsatz auf Asphalt legen. Ob dieses Gravel-Bike-Konzept etwas für dich ist, entscheidest du ganz allein! Ich kann dich nach meinen Erfahrungen dazu nur ermutigen, den Blick über den Tellerrand zu wagen, es lohnt sich.
Plus:
- Superkomfortabel
- Stabiles Fahrverhalten
- Zuverlässig und robust
- Reisetauglich
- Superstarke Bremsen
Minus:
- Gewicht
- Schwerfällige Beschleunigung
Fakten zum OPEN Monster Gravelbike
- Rahmen: OPEN O-1.0 MTB Carbonrahmen, 29“
- Laufradsatz: Shimano XT tubeless
- Gabel: RockShox Reba
- Reifen: Continental Race King 29 x 2.2 tanwall
- Bremsen: Shimano XT
- Brems-/Schalthebel: Shimano GRX
- Schaltwerk: Shimano GRX 1x11
- Bremsscheiben: Shimano XT 180/160 mm
- Kassette: Shimano XT 11-42 T
- Kurbel: Shimano XT 32
- Vorbau: Snake Carbon
- Lenker: Thompson Carbon 46 cm
- Lenkerband: PRO
- Sattelstütze: Snake Carbon 27,2 mm
- Sattel: Snake Carbon
- Gewicht: 10,0 kg
timo rokitta
Timo ist ein äußerst begeisterter Gravel-Fahrer aus Deutschland. Er ist in ganz Europa unterwegs und kombiniert die Teilnahme an Langstrecken-Gravel- und Bikepacking-Events mit geselligen Gravel-Ausfahrten. Als Veranstalter von Events kann man ihn entweder auf einem Moots, einem OPEN UP, einem Allied Able oder sogar auf einem in den 1970er Jahren umgebauten Klapprad für den Gravel-Einsatz sehen!